Mittwoch, 19. März 2014

Abenteuerfahrt zum Hole in the Wall

Morgens genießen wir unser Frühstück auf der Terrasse und planen in der bereits kräftigen Sonne den Tag. Wir gehen zum direkt vor dem Hotel befindlichen Strand und lassen uns das Wasser über die Füße plätschern, während wir den Moment genießen und diesen wirklich schönen Strand bewundern. Da dieser Ort so unglaublich weit abgelegen ist, sind wir die einzigen hier.
Unser heutiges Reiseziel ist Durban, doch wir haben noch etwas Puffer, sodass wir uns für die Besichtigung des berühmten "Hole in the wall" entscheiden. Wir packen unser gesamtes Gepäck in den kleinen Mietwagen, programmieren das Navi und sind guter Dinge.
Nicht lange, und schon wird aus dem lehmigen Weg eine Art Hindernisparkour für Fortgeschrittene. Die Schlaglöcher haben sich zu langen Rillen verbunden, von denen jede ca. 35cm tief ist. Die Kunst besteht darin, zu wissen wo die kleinen Autoreifen sind und dann auf den "Kraterrändern" entlang zu balancieren.
Noch ist die Straße einfach passierbar...
Schöne Strände und bunte Häuser verleiten dazu, über die Armut hinweg zu täuschen.
Da es hier weder Schilder noch eindeutige Straßen gibt, verlassen wir uns blind auf das Navi, das uns immer tiefer in die abgeschiedenen Dörfer der Coffee Bay führt. Selten kommt uns ein Auto entgegen - und wenn, dann ist es ein Jeep.
Während ich im 2. Gang und hochkonzentriert die Strecke abfahre, versucht meine Freundin die ursprüngliche Umgebung mit den bunten Zulu-Häusern und sehr einfach gekleideten Menschen aufzunehmen. Auch hier haben die Tiere Vorfahrt; auf der Straße befinden sich häufig Schweine, Kühe und Esel.

Wir fahren immer tiefer und weiter den Weg entlang, während in uns der Zweifel immer größer wird, ob wir noch richtig sind. Das Navi schickt uns plötzlich eine Rechtskurve hinab, die für Nicht-Traktoren einfach unmöglich ist. Na super! Wir folgen also weiter dem Lehmweg und fragen bei nächster Gelegenheit zwei junge Männer auf dem Feld nach dem richtigen Weg. Die schauen sich kurz an und zeigen auf eine nahe gelegene "Einfahrt" mit dem Kommentar, dass sich ihr Bruder um unser Auto kümmern würde. Wir versuchen zu lächeln und fahren rasch den Hauptweg weiter, da die gezeigte Richtung im vollkommenen Widerspruch zu den Koordinaten unseres Navis ist.
Zwei Kinder, die sich sehr über unsere Schokolade gefreut haben.
Vorbei an weiteren Menschen, die uns sehr erstaune Blicke zuwerfen (zur Erinnerung: wir sitzen in einem giftgrünen Kleinwagen) kurve ich uns bei 20km/h weiter die Hauptstraße entlang.
Irgendwo hier soll laut Reiseführer ein großer Parkplatz sein, der direkt am Hole in the Wall liegt...
Mangels jeglicher Beschilderung folgen wir an den Kreuzungen unserem Instinkt und geraten irgendwann in eine sehr enge Straße, die auf eine T-Kreuzung führt.
Dort lungern ca. 9 Männer in lumpiger Kleidung herum, die bei unserem Anblick aufspringen und auf unser Auto zukommen. Wir verriegeln die Tür, schließen die Fenster bis zu einem winzigen Spalt und wollen uns bestätigen lassen, dass es nach rechts zum Parkplatz geht - schließlich ist alles besser, als unsere Ahnungslosigkeit offen zu zeigen.
Manchmal führt die Straße auch durch kleine Bäche oder ausgetrocknete Flussläufe.

Die Truppe mustert unser Auto und sagt, dass es rechts nur einen Schafstall gibt und wir das Auto einfach genau hier stehen lassen soll - sie würden darauf aufpassen. Das ist uns spontan zu unheimlich und so bedanken wir uns, während wir schnell nach links abbiegen. Die Situation ist uns unangenehm, da uns zwar niemand etwas getan oder bedroht hat, aber wir die Lage einfach nicht einschätzen können. Zu allem Überfluss erkennen wir nach 15 Metern, dass der linke Weg in eine Sackgasse führt. Im Rückspiegel sehe ich, wie die Gruppe langsam unserem Auto nachläuft. Platz und Zeit zum Wenden haben wir nicht. Was nun?
Wir verteilen im Blitztempo unser Geld unter der Fußmatte, unter den Sitzen und verstecken das Portemonnaie. Dann erspähen wir einen Weißen (der erste seit über 3 Stunden Fahrt), der mit seinem Hund spazieren geht. Ich gehe schnell zu ihm und erkläre ihm unsere Lage. Er beruhigt uns erst einmal und erklärt, dass das Auto hier gut steht, da es von drei Villen aus im Blick liegen würde. Die Männer kenne er grob und er empfiehlt uns, ihnen etwas Geld für eine Wegführung anzubieten; schließlich ist das Hole in the Wall tatsächlich in der Nähe.
Keykey geht voran und zeigt uns den Weg.
Wir halten das für eine gute Idee und lassen das Auto (mit all unserem Besitz) zurück. Mit einem der Männer machen wir den Deal für 40 Rand (ca. 3 EUR) und er führt uns durch einen dicht bewachsenen Wald. Es ist recht windig und wir sind noch immer nicht sicher, ob alles mit rechten Dingen zugeht, also unterhalte ich mich mit ihm. Er heißt Keykey und wohnt schon sein gesamtes Leben in diesem abgeschiedenen Dorf. Er führt häufiger Touristen zum Hole in the Wall. Insgesamt wich er meinen Fragen aber eher aus und blieb sehr distanziert.
Dann erreichen wir den Strand und wissen gar nicht, was unseren Blick mehr einfängt: der Anblick des Hole in the Wall - ein riesiges Loch im Felsgestein, durch welche die heranrollenden Wellen mit schäumender Gischt hindurch preschen oder der Strand, auf dem sich eine wilde Herde Kühe ausruht. Ein sehr bizarres, aber schönes Bild! Jeder der Felsen im Meer ist auf der Spitze grün bewachsen - vermutlich haben hier die Vögel die notwendigen Samen verteilt.
Das Hole in the Wall ist groß genug für ein Segelboot und heißt bei den Menschen hier "esiKhaleni"; das ist Xhosa ist und bedeutet so viel wie "Der Ort der Geräusche".
Das berühmte "Hole In The Wall".
Die Perspektive täuscht: das Loch ist groß genug für ein Segelschiff.


Keykey zeigt mir den Strand.
Wilde Kühe am Strand.
Ungewohnter Anblick: Kuh im Wald
Irgendwann machen wir uns auf den Rückweg. Dem Auto geht es gut, Keykey bekommt sein Geld und war zufrieden. Eine andere Reisetruppe (sie haben im Hotel einen Führer gebucht) verrät uns die grobe Richtung für unsere Fahrt nach Durban und schon sind wir wieder auf dem chaotischen Weg voll so tiefer Schlaglöcher, dass man sie sich als Deutscher einfach nicht vorstellen kann.
Unterwegs entschließen wir uns, eine junge Anhalterin mitzunehmen, die uns sehr verzweifelt nachrennt ist und mit ein paar Geldscheinen winkt.
Die Anhalterin ist ca. 20 Jahre alt, heißt Lenie und hat eine tierische Fahne. Sie hat gestern bis spät in die Nacht Party gemacht und ist verzweifelt auf dem Weg zu ihrem Freund in Mthatha - einer 90km entfernten Kleinstadt. Sie hat keine Ahnung, wie sie hier gelandet ist und hat wegen der absolut irregulär fahrenden Busse keine andere Möglichkeit dorthin zu kommen.
Außerdem erklärt sie uns, was es mit dem "Sweet sweet" Geschrei auf sich hat: sobald die Kinder Menschen mit weißer Hautfarbe sehen, assoziieren sie das mit dem Erhalt von Süßigkeiten. So ist das also!
Da sie jedoch in der Umgebung aufgewachsen ist, sind wir froh, jemanden dabei zu haben, der den Weg kennt. Sie lotst uns ein paar Seitenstraßen entlang, die irgendwann so eng und steil werden, dass unser Auto das unmöglich schaffen kann. Während Lenie sich ärgert, dass es nicht schnell genug vorwärts geht, versuche ich den Wagen auf dem schmalen Feldweg zu wenden. Während es vorwärts bereits schwierig genug ist, nicht in eine Schlaglochrille zu fahren, ist es rückwärts so gut wie unmöglich.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass wir mit den Hinterrädern in einer Rille landen. Kurz darauf sitzen auch die Vorderräder in einer Rille und das Auto liegt mit dem Fahrzeugboden auf, während sich die Räder in der Luft drehen. Fantastisch! Wir sind weit und breit das einzige Auto und die meisten Menschen besitzen nicht mehr als eine kleine Lehmhütte in der Größe meines Arbeitszimmers...
Mit gemeinsamen Kräften stoßen und schieben wir an dem Auto herum, bis wir es endlich aus dem Loch bugsiert haben. Ab jetzt nur noch Hauptstraße!
Nach einer weiteren Stunde Fahrt auf Irrwegen erkennt Lenie endlich ihre Highschool wieder und wir haben eine Spur, wie wir hier wieder heraus kommen. Es dauert tatsächlich auch nicht mehr lange und das Auto hat wieder eine geteerte Straße unter den Reifen - wir atmen alle auf und fahren die Straße nun deutlich erleichtert weiter.
In Mqanduli setzen wir Lenie ab, die sich erschöpft aber dankbar verabschiedet. Wir fahren rasch weiter. Dies ist eine von den Städtchen, in denen es  nur provisorische Läden mit Holzverschlägen an Stelle von Schaufenstern gibt. Das gesamte Leben findet auf der Straße statt, es ist laut und alles scheint ein einziger Basar zu sein.


Die Strecke nach Durban führt uns durch Mthatha, das zwar größer ist, aber auch nicht gerade ansehnlich ist. Die Fahr setzt sich auf schier endlosen, einspurigen Schnellstraßen fort, wo wir uns mit LKWs ein ungewolltes Rennen liefern müssen.
Bei allen bekannten Verkehrsstockungen gibt es immer ein paar Menschen, die am Straßenrand Essen zubereiten und verkaufen.
Sonnenuntergang auf dem Weg nach Durban.
Todmüde kommen wir nach 6,5 Stunden weiterer Fahrt endlich spät abends in Durban an. Die Unterkunft heißt "Upper Room" und wird von einer sehr angenehmen älteren Dame betrieben, die uns bemitleidet und uns ein kostenloses Upgrade für ein besseres Zimmer gibt. Alles ist sauber, geräumig und wirklich nett - es gibt nur kein Essen und so stürzen wir uns auf die Hotelbar. Mit Chips im Bauch schlafen wir dann aber auch völlig erschöpft sehr rasch ein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen