Samstag, 22. März 2014

Faszination und Albtraum: die Rückreise

Heute ist der Tag der Rückreise und so packen wir früh unsere großen Koffer (es ist gar nicht so leicht, die vielen Souvenirs und die Berge von Wäsche zu verstauen). Nach einem kräftigen Frühstück gibt uns der Besitzer noch viele Reisetipps für einen Kurzbesuch bei den Drakensbergen und die Fahrt nach Johannesburg.
Auch diese Kinder waren ganz versessen darauf, Süßigkeiten zu bekommen.
Die Fahrt zu den Drakensbergen verläuft über eine der vielen Dirtroads mit endlos vielen Schlaglöchern. Wieder rufen uns die kleinen Kinder laut „Sweets“ zu; die älteren betteln um Kleingeld. Am Straßenrand laufen viele Xhosa-Frauen mit geschminkten Gesichtern und die Männer sammeln sich an einem größeren Platz zum Fußballspiel in der morgens bereits starken Hitze.
Die Gegend ist stark geprägt durch kleine Lehmhäuser inmitten von Wiesen und die Landwirtschaft. Im Gegenzug zu Deutschland sind hier die Felder nicht groß und rechteckig, sondern vielleicht so groß wie ein Basketballfeld und dafür kreisrund.

Besuch der Drakensberge

Wir steuern das „Giant’s Castle“ an und sind schon von den ersten Blicken von der Straße aus total begeistert. Die Drakensberge erscheinen in vielen erdigen Farben mit einer Farbpalette von gelbgrau bis zinnoberrot. Von einem kleinen Park aus, wandern wir bei absolutem Traumwetter hinab zu einem kleinen Fluss und sind etwas betrübt, dass wir nicht gestern schon hier gewesen sind; so verbleibt uns nur knapp eine Stunde, bevor wir mit dem Auto weiter in Richtung Flughafen fahren müssen.
Bereits von Weitem kündigen sich die massiven Drakensberge an.

Die Maserungen zeigen das Alter und die Herkunft des Gesteins sehr gut.
So ein schöner Weg und nur so wenig Zeit... :-(
Schweren Herzens geben wir die fantastische Szenerie auf und kehren zum Park zurück. Dort verweilt gerade eine kleine Horde Paviane, die auf den Autos herumspringt. Die pelzigen Tiere sind nicht zu unterschätzen, da sie ohne Vorwarnung aggressiv werden können und mit ihrem großen Gebiss schwere Verletzungen hervorrufen können.
Ein letzter Blick zurück auf die Drakensberge.
Paviane haben den Parkplatz belagert.
Wir haben die Route so geplant, dass uns nach der Fahrt von den Drakensbergen nach Johannisburg noch 2 Stunden Puffer bleiben bis zum Abflug. Die Zeit am Fluss war vielleicht etwas zu schön, denn es ist bereits 13:15 Uhr. Der Blick auf das Navi gibt uns einen ersten Schock: Angeblich kommen wir erst um 18:40 Uhr in Johannisburg an; wir müssen aber spätestens um 19:15 Uhr das Gepäck abgeben und um 20:15 Uhr geht der Flieger!

Abfahrt

Leicht gestresst beginnen wir also unsere Fahrt, lassen so die Drakensberge samt Pavianen zurück und erklimmen mit dem Auto nach und nach eine Bergspitze. Der Weg ist eine sehr schmale Schotterpiste, die uns mitten durch das Afrikanische Leben führt: wir sehen eine Hochzeit mit viel Tanz und Musik, Männer und Frauen, die entspannt vor ihren Häusern sitzen und das Navi hat sich auch überlegt, dass wir inzwischen wohl doch schon um 18:00 Uhr ankommen werden.
So bunt und schick sehen wir die Frauen auf der Straße nur selten.
Eine schwer bepackte Xhosa-Frau auf dem Weg nach Hause.
Kaum sind wir etwas entspannt, bemerken wir, dass die Schotterpiste plötzlich auffällig gut gepflegt zu sein scheint. Nach einer Kurve am Berghang sehen wir den Grund hierfür: vor uns fährt in aller Breite und Gemütlichkeit die Straßenmaschine und blockiert mit ca. 10 km/h Fahrt unseren Weg. Wir fahren im Schritttempo hinter der Maschine her und verlieren so 30 Minuten Puffer.
Eine Piste mit schöner Aussicht, tiefen Abgründen und interessanten Begegnungen.
Spitze Schottersteine, Viehherden und ein Greifvogel machen die Tour auch interessant.

Wegezoll mit Schwierigkeiten

Endlich erreichen wir den Highway und tanken erst einmal voll. Der Highway ist gespickt mit Maut-Stationen und allmählich geht uns das Bargeld aus. „Kein Problem“ denken wir – schließlich hat jede Mautstation Aufkleber mit den gängigen Kreditkarten. Bei der nächsten Mautstation erleben wir jedoch eine unangenehme Überraschung: der Beamte akzeptiert keine unserer 4 Kreditkarten, weil er sie nur durchziehen und nicht einstecken will. Deutsche moderne Kreditkarten weisen aber einen Chip auf, ohne den im Ausland nur über Umwege Geld abgebucht werden kann. Wir stehen gut unter Zeitdruck (hinter uns hat sich durch die lange Prozedur bereits eine hupende Schlange gebildet) und flehen den Beamten an, unsere Euros zu nehmen – schließlich sind 20 EURO ungefähr der 20fache Wert von dem, was wir für die Maut bezahlen müssten. Er bleibt dabei und schickt uns zurück: wir mögen bitte bei einer der Tankstellen Bargeld abheben.
Wir haben erneut fast eine halbe Stunde Puffer durch das Prozedere verloren und fahren gereizt denselben Highway zurück, den wir hergekommen sind, bis wir nach 8 km endlich eine Raststätte finden. Für die Maut-Stationen heben wir 100 Rand ab – das sollte für die zwei angekündigten verbleibenden Maut-Stationen genügen.

Der Freund und Helfer springt ein

Ich gebe Gas, damit wir noch irgendeine Chance haben, halbwegs den Zeitverlust wieder einzuholen. Plötzlich springt ein Mann mit brauner Khaki-Uniform auf die Straße und winkt uns auf den Seitenstreifen. Die Polizei hat uns mit einer Radarpistole gescannt und festgestellt, dass wir die zulässigen 120 km/h überschritten haben.
Völlig verzweifelt reden wir auf den Mann ein, doch er möchte die Strafe in Höhe von 1000 Rand haben. Und nein, er nimmt keine Kreditkarten. Da wir das Bargeld nicht zur Hand haben, bittet er uns ihm zur Polizeistation zu folgen. Ich sehe vor meinem geistigen Auge unseren Flieger davon fliegen, zücke das Flugticket und erkläre ihm nochmals die Situation. Endlich sagt er „I see your situation here“ und lässt uns gewähren.
Am Rande der erlaubten Geschwindigkeit fahren wir weiter, wenden, schmeißen dem Beamten die 20 Rand Mautgebühr hin und fahren endlich weiter. Das Navi prognostiziert inzwischen eine Ankunftszeit um 19:08 Uhr, was uns nicht genug Zeit geben wird, auch noch das Auto zurück zu geben. Mist! Während ich bei exakt 120 km/h weiterfahre und bei jedem der vielen versteckten Polizeiwagen am Straßenrand nervös werde, telefoniert meine Freundin mit der Fluggesellschaft, dem Flughafen und der Autovermietung, damit wir unser Gepäck notfalls auch noch 5 Minuten später abgeben können.

Schlimmer geht immer: Heinrich, der Wagen bricht!

Inzwischen merken wir, dass es wohl doch noch mehr als „nur zwei weitere Maut-Stationen“ geben wird und machen noch einmal Halt um weitere Rand abzuheben. Als es endlich halbwegs läuft und wir wieder Chancen sehen, doch noch irgendwie pünktlich anzukommen, fährt sich das Auto plötzlich sehr schlingernd. Ich befürchte das Schlimmste, fahre links ran und habe leider Recht: Wir haben einen Platten – die Schotterpiste war vermutlich doch etwas zu viel für die kleinen, alten Reifen unseres Chevrolet Spark Lite.
Im absoluten Eiltempo wechseln wir wie die Irren den Reifen und sind dabei so beschäftigt, dass wir gar nicht merken, wie hinter uns so eine Art Unfalldienst in einem Unimog Halt gemacht hat. Die Männer darin grinsen breit und heben ihre Daumen; zumindest sie hatten ihren Spaß.

Johannisburg bei Dunkelheit

Endlich wieder startklar fahren wir weiter; vorbei an schier endlos langen Feldern mit Sonnenblumen und anderen Wiesen, während die Landschaft zunehmend flacher und der Tag immer dunkler wird. So erreichen wir auch Johannisburg bei völliger Dunkelheit.
Zum Glück müssen wir nicht durch die wegen Kriminalität verschriene Innenstadt und finden auch den Flughafen mit Leichtigkeit. Weniger leicht ist es hingegen, sich auf dem riesigen Gelände zu orientieren. Wir stehen auch nach wie vor vor dem Problem, dass wir sowohl die Koffer als auch den Mietwagen abgeben müssen. Wir entscheiden uns dafür, zuerst die Koffer abzugeben und die verbleibende Zeit bis zum Boarding für den Mietwagen aufzubringen.

Das Gepäck muss weg

Leider ist die Gegend um den Flughafen herum wirklich unübersichtlich und für Neulinge nicht einsichtig. Wir entscheiden uns für irgendeines der vielen Parkhäuser, lassen unser Handgepäck und alles andere im Auto, da es sonst zu viel zum Schleppen wird. Wir rennen mit den großen schweren Koffern die ewig langen Gänge entlang und erreichen völlig entkräftet den Gepäckschalter.
Dort werden wir mit leichter Entrüstung empfangen: wir mögen uns doch bitte unmittelbar zum Gate begeben, da das Boarding bereits angefangen habe. Wir zeigen der Gepäckdienstdame unser Flugticket, laut dem wir noch 30 Minuten Zeit haben. Das interessiert sie jedoch wenig; sie fragt uns, ob wir es noch zum Boarding schaffen oder nicht.

Mietwagenrückgabe mit Hindernissen

Wir nicken und nehmen noch einmal unsere Kraft zusammen. Nach kurzer Orientierung auf dem großen Flughafen entdecken wir endlich das Schild der Hertz-Autovermietung. Dort entgegnet uns die Empfangsdame, dass wir nur bei der Station zum Abholen, nicht aber zum Abgeben seien. Wir fragen, wo denn die andere Station ist und bekommen nur ein Schulterzucken als Antwort.
Unsere lauten Ausrufe der Verzweiflung locken den örtlichen Manager aus der Reserve.
 Als er mitbekommt, dass wir für alle erdenklichen Schäden versichert sind, schickt er die besagte Empfangsdame mit uns auf den Weg, damit sie das Auto übernehmen kann.
Wir wissen genau, wie unser Parkdeck heißt, aber (wegen der unglaublich vielen Gänge und Abzweigungen) nicht wo es ist. Unsere Begleitperson weiß leider auch nicht, wo das Parkhaus ist und so rennen wir mit ihr erst einmal zur Hausverwaltung des Flughafens. Aufgeschlaut rennen wir endlich zum Parkdeck, grabschen alles was sich im Auto befindet und stopfen es in Windeseile in unser Handgepäck und geben der Dame zum Parken und Tanken unser restliches Bargeld.

Endspurt im Hindernislauf

Wieder rennen wir den ewig langen Gang entlang in Richtung Gepäckschalter. Wieder sind wir am Ende unserer Kräfte und stehen mit einem Mal vor einer sehr langen Menschenschlange, die auf die Security-Abfertigung wartet. Da wir die Zeit nicht haben, mogeln wir uns bei der Betreuung für VIP-Gäste und Behinderte durch.
Mit der Kraft der Verzweiflung rennen wir weiter quer durch den Flughafen und treffen auf eine verärgerte Frau von unserer Airline, die uns wild gestikulierend zum Flugzeug lotst. Direkt hinter uns wird auch schon die schwere Flugzeugtür geschlossen und wir nehmen vollkommen kraftlos unsere Plätze ein. Das lange Rennen und der Dauerstress blieben nicht ohne Auswirkungen und so sitzen wir völlig verschwitzt und nahe einem Kreislaufkollaps zwischen den anderen Gästen, die auf uns warten mussten.
Nachdem wir uns von den Strapazen erholt haben, können wir dann auch noch das wirklich gute Entertainment-System in dem insgesamt modern ausgestatteten Flugzeug genießen und schlafen auch bald ein.

Wieder in London

In London gelandet ist uns jedoch nicht mehr (wie ursprünglich geplant) nach einer Sightseeing-Tour. Stattdessen verbringen wir die Zeit komplett in der Ruhezone, wo wir nach Schlaf trachten. Da in London-Heathrow jedoch auch in der Ruhezone sämtliche Durchsagen bei voller Lautstärke abgespielt werden und alle Touristen direkt hinter uns entlang geschleust werden, kommen wir nicht wirklich zur Ruhe. Dennoch sind wir ungemein froh, dass wir am Ende noch den Flieger erwischt haben und nun auch der Weg nach Deutschland gesichert ist.

Fazit

Wir können Südafrika jedem empfehlen, der eine gute Mischung aus Abenteuerurlaub, vielen Tieren, Roadtrip, Wanderungen und Sightseeing erleben will. Wenn man nicht von den üblichen Strecken (wie z.B. der Garden Route) abweicht und sich auch von Johannisburg fernhält, ist es auch sehr sicher. Man darf sich nur nicht vom Verkehr, den Bettlern und der Organisation abschrecken lassen - wir werden auf jeden Fall wieder kommen!

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