Endlich ist es soweit: ich stapfe mit meinem Gepäck ein letztes Mal am See entlang und steige in den aufgeheizten Bus. Der Busfahrer weiß über jede Kurve eine Geschichte zu erzählen, aber ich lausche heute lieber meinem MP3-Player. Nach 4,5 Stunden Fahrt durch grüne Hügel mit vielen (!) Pulloverschweinen erreiche ich Christchurch. Der Busfahrer kennt weder mein Hostel noch dessen Straße und so setzt er mich einfach irgendwo ab.
Ich frage mich irgendwie durch und stehe plötzlich vor einem Zaun, der den Beginn des Sperrbezirks, der "Red Zone", markiert. Ich gehe (mit all dem Gepäck) einen großen Umweg und finde dann tatsächlich mein Hostel neben der örtlichen Feuerwehr. Es ist später Nachmittag und ich habe noch Energie. Ich erinnere mich daran, dass ich vom Bus aus ein kleines Festival in einem Stadtpark bemerkt habe und steuere grob in diese Richtung. Ich finde eine Straße, die durch die Red Zone führt und bekomme so einen ersten Eindruck von der Zerstörung des Stadtzentrums. Vor einer Baustelle haben sich etliche Schaulustige (und sogar ein mobiles Bistro) eingefunden, die gebannt dem Abriss eines Hotels verfolgen.
Abrisstourismus. |
Im Park angekommen, sticht mir sofort ein ca. 15m hoher Weihnachtsbaum ins Auge. Das Ganze ist von Coca Cola organisiert und läuft unter dem Namen "Christmas in the park". Neben den üblichen Fressbuden gibt es eine große Bühne mit zwei gigantischen Bildschirmen. Um 19:30 Uhr geht es endlich los. Mittlerweile haben sich 85000 Schaulustige eingefunden, die das Geschehen beobachten.
Von mehr oder minder bekannten Stars aus NZ werden Weihnachtslieder in allen erdenklichen Ausführungen (Pop, Jazz, klassisch) gesungen, während sie zur optischen Unterstützung von halbnackten Tänzerinnen begleitet werden, die mit teilweise akrobatischen Einlagen eine wirklich gute Show liefern. Auch eine Maori-Gruppe trägt ein rituelles Lied vor und singt anschließend mit Santa "Feliz Navidad".
Da es draußen im fortschreitenden Abend recht kühl geworden ist (Christchurch ist nunmal eine Küstenstadt), verlasse ich das Festival zur Halbzeit und gehe hungrig grob in Richtung Innenstadt. Viele der Zuschauer hatten sich mit KFC-Boxen ausgestattet und so richtet sich auch mein Heißhunger auf diese Fastfood-Kette. Da es das Restaurant angeblich nur in einem weiter abgelegenen Stadtteil gibt, gehe ich in Richtung Innenstadt und der zentralen Bushaltestelle.
Der Busfahrer ist gut drauf und pfeift lautstark "das Phantom der Oper". An der Zielstation angekommen, verabschiede ich mich grinsend von ihm und sündige in einem doch etwas heruntergekommenem KFC.
Es ist 21:40 Uhr und ich will den Abend mit einem Kinofilm im nahe gelegenen Mini-Einkaufszentrum abschließen. Da dort aber der letzte Film um 21:30 Uhr gestartet ist (Twilight...), stelle ich mich etwas missmutig wieder an die Bushaltestelle. Mit einer so guten Verspätung, dass ich an der Richtigkeit der Bushaltestelle zweifle, erscheint mein Bus. Als die Türen aufgehen, dröhnt mir lautstark Popmusik entgegen. Es ist (natürlich) wieder derselbe Busfahrer von vorhin. Er verrät mir, dass sich oft Passagiere über seine Musik, das Pfeifen oder seinen Gesang beschweren würden. Ich sage ihm, dass ich bestimmt nichts dagegen hätte und so singen wir beide lauthals "Stranger in the night" (wie passend), bis ich wieder am zentralen Busbahnhof bin.
An den Begrenzungszäunen entlang laufe ich durch die Nacht zurück zum Hostel, wo ich mich noch ca. 2 Stunden mit einer Gruppe von Deutschen unterhalte. In meinem 3-Bett-Share werde ich bereits laut schnarchend erwartet... :-(
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