Mittwoch, 7. November 2012

Queen Charlotte Track - Tag 1

Nachdem mich der Wecker um 5:45 Uhr aus dem leichten Schlaf gerissen hat, schleiche ich mich mit allen Sachen aus dem Zimmer, packe meine Rucksaecke und meinen Beutel mit Nahrung und laufe so - schwer bepackt - vom Hostel zum Hafen.
Ein Wassertaxi bringt mein Gepaeck, mich und 7 weitere Personen von Picton zum "Ship Cove" - einer Bucht, nordoestlich von Picton, die den Start des 70,5 km langen Queen Charlotte Tracks markiert.
Der Skipper des Motorboots heizt ueber die Wellen und so betrachte ich aus dem schaukelnden und springendem Boot die wunderschoenen Berge der 10 Buchten bis wir anlegen.
Nach einem kurzen, aber steilen Anstieg wird der Weg recht einfach. Einzig die stellenweise auftretenden Schlammpfuetzen stellen Hindernisse dar. Die Aussicht auf die fjordaehnlichen Buchten, das von oben ruhig wirkende, tuerkisblaue Meer und die mit Palmen und Farnen gespickten Berge ist wunderschoen.

Die Farbe des Meers varriiert in Ufernaehe in interessanten Blau-Gruen-Tuerkismischungen.
Ich habe gute Laune und schreite bald etwas schneller voran, sodass ich alle anderen Mitreisenden und sonstigen Wanderer bald hinter mir lasse. Auch diejenigen, die sich mit dem Boot etwas naeher zum Ziel bringen lassen, ueberhole ich freundlich gruessend und verbringe die naechsten Stunden vollkommen allein auf dem Weg, dessen Verlauf zwischen einem Berg und dem kuestennahen Flachland alterniert.
Ab und zu passiere ich Privatgelaende und frage mich dabei, wie Menschen (freiwillig?) so abgeschieden leben koennen. Ich mache nur kurze Pausen, ernaehre mich von Bierwurst, Aepfeln und Keksen und lege den restlichen Weg ebenfalls in einer etwas hoeheren Geschwindigkeit zurueck.
Das Wetter ist angenehm sonnig - im Boden und in den Pflanzen ist die gestrige Regennacht jedoch noch praesent, sodass viele Wegstellen sehr matschig sind.
Nachdem ich vor 5 Stunden von "Ship Cove" gestartet bin, gibt es endlich ein  Schild am Wegesrand.
Nach fuenf Stunden finde ich erste Hinweise auf meine Unterkunft "Noelline's". Ich laufe erst durch dichtes Geast und gelange dann auf einen Strand mit kleinem Steg. Auf diesem Steg liegt, nur unter einer Plane verborgen, mein grosser, schwerer Rucksack (ca. 15kg) und mein Beutel mit Nahrung (ca. 9kg). Ich schleppe alles (mein Tagesrucksack ist auch noch gut gefuellt) einen engen, steilen Pfad hinauf und finde (leicht erschoepft) eine kleine Holzhuette an einem Hang vor. Das ist meine Unterkunft!
Meine Unterkunft: Noellines kleine Huette am Hang.
Ausblick von Noellines Balkon - mit der Aussicht laesst es sich leben...
Nachdem ich klopfe, oeffnet mir die 86jaehrige Noelline die Tuer. Sie ist verwundert, da sie heute gar nicht mit einem Gast gerechnet hat, bittet mich aber freundlich herein. Sie kredenzt mir Tee und leckeres Gebaeck und erzaehlt mir, dass sie vermutlich nichts von mir weiss, weil sie mit ihrem neuen Anrufbeantworter nicht zurecht kommt. Ich erklaere ihr (auch schriftlich) wie sie ihre Voicemails abrufen kann, lasse mir die kleine, aber sehr ordentliche Huette zeigen und will mich kurz ausruhen.
Noellines Kueche.
Aus "kurz ausruhen" wird ein 2-Stunden-Schlaf. Wieder in der Kueche laechelt Noelline mich an - das passiere jedes Mal, sagt sie verschmitzt und krault ihre Hundedame Tappins.
Wir kochen und schauen gemeinsam beim Essen TV, waehrend im Kachelofen ein Feuer alles kuschelig warm macht. Waehrend der unglaublich vielen Werbepausen erzaehlt mir Noelline, dass sie in dieser Huette bereits seit 30 Jahren wohnt und ihrem Alter zum Trotz sehr oft alleine (!) verreist; sie hat bereits ueber 60 Staaten bereist.
Gegen Mitternacht bin ich muede genug fuer das Bett - ich habe heute immerhin eine 8-9 Stunden-Wanderung in 6 Stunden absolviert. Vor dem Einschlafen bringt mir Noelline noch eine Waermflasche ans Bett - also so kann man es aushalten... :-)

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